Study Visit in Brüssel 2025

17.06.2025

Von 19. bis 21. Mai waren 10 MA-Studierende des ZTW auf Study Visit bei den Europäischen Institutionen in Brüssel. Bericht einer Lern- und Lebenserfahrung.

Good morning to everyone in and around the room.

Bei den Sitzungen der verschiedenen EU-Institutionen wird dieser Satz immer wieder von RednerInnen in ihren Begrüßungen eingebaut. Around the room, um den Saal herum, sitzen nämlich Dolmetscherinnen und Dolmetscher, ohne die eine reibungslose mehrsprachige Kommunikation kaum vorstellbar wäre.

Hinter schalldichten Gläsern verfolgen sie jeden Redebeitrag mit wachsamen Augen, während ihre Stimme die GesprächsteilnehmerInnen in the room in einer ihnen vertrauten Sprache erreicht. Dadurch wird ein Dialog über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg gewährleistet, was heute mehr denn je besonders bedeutend ist.

Von außen betrachtet, hat dieser Prozess etwas Magisches an sich. Aber wie sieht es von innen aus? Genau das konnten wir, eine Gruppe von 10 Studierenden des ZTW und 3 Studierenden der Zürcher ZHAW, von 19. bis 21. Mai im Rahmen eines Study Visit in Brüssel erleben.

Am ersten Tag wurden wir im Konferenzzentrum Albert Borschette von Martina Dethlefs, Andrea Huppmann und Melanie Marinescu empfangen, drei Dolmetscherinnen, die in der deutschen Kabine bei der Generaldirektion SCIC arbeiten. Sie haben uns Einblicke in die Institutionen gegeben, für die sie dolmetschen, sowie in die Art der Redebeiträge, mit denen sie täglich konfrontiert sind. Besonderes Augenmerk lag dabei auf der Vorbereitung, damit wir uns auf die bevorstehende Erfahrung in der stummen Kabine einstimmen konnten.

Im Anschluss wurde uns die GD LINC, der Dolmetschdienst des Parlaments, von Sade Viitanen und Kristel Vetemäe vorgestellt. Die zwei Dolmetscherinnen (finnische und estnische Kabine) haben uns auch den Ablauf des interinstitutionellen Tests im Detail erklärt. Vom Format her unterscheidet sich dieser nicht sehr von unserer Modulprüfung, inhaltlich enthalten die Reden immer wieder Bezüge zur EU. Daher die Empfehlung ihrerseits: Webgestreamte Sitzungen der EU-Institutionen nicht verpassen und, wenn man serienbegeistert ist, sich unbedingt „Das Parlament“ anschauen.

Am Nachmittag hatten einige von uns noch die Möglichkeit, an einem Mock Test teilzunehmen. Zusammen mit der Referatsleiterin der deutschen Kabine Monika Schorr wurde dann eine ausführliche Feedbackrunde durchgeführt. Daraus ergab sich einen wichtigen Tipp für das Konsekutivdolmetschen: klar notieren und zum Ausdruck bringen, ob das Gesagte aus einer persönlichen oder faktualen Perspektive kommt. Außerdem hat sie betont, wie wichtig die Arbeit an der eigenen A-Sprache ist.

Am zweiten Tag sind wir schon um 9.30 Uhr in den Kabinen im Parlament gesessen und konnten unsere Dolmetschfertigkeiten zuerst bei einer Sitzung des FEMM-Ausschusses für Rechte der Frauen und Gleichstellung der Geschlechter und später bei einer des CULT-Ausschusses für Kultur und Bildung auf die Probe stellen.   

Die Debatten rund um sehr aktuelle Themen, von der Istanbul Konvention, bis hin zur KI und Urheberrecht, haben wir mit großem Interesse verfolgt und dabei ist uns eines klar geworden: wir waren mitten im Geschehen, dort wo die Geschichte gerade geschrieben wird. So konnten wir den Leitspruch „Democracy in action“, der über dem Haupteingang des Europäischen Parlamentes steht, hautnah miterleben.

Tatjana Roos, ZTW-Absolventin und aktuell Mitarbeiterin im Referat Mehrsprachigkeit und Nachfolgeplanung, gab uns dann eine Führung durch das Parlament bis hin zum Plenarsaal. Unvergessliches I-Tüpfelchen dieses langen Tages war zweifellos die Rede von Björn Ulvaeus, ABBA-Sänger und seit 2023 Präsident der CISAC, ein Dachverband der Verwertungsgesellschaften für UrheberInnen und KomponistInnen.

Am dritten Tag waren wir wieder in den stummen Kabinen, diesmal in einem anderen Setting, nämlich bei einer Sitzung der Arbeitsgruppe des Ministerrates „Landverkehr“. Bei den sehr fachlichen Wortmeldungen hat sich auch die Möglichkeit ergeben, uns zu der Kabine unserer jeweiligen A-Sprache zuzuschalten und die schönen Formulierungen sowie die Notfalllösungen der professionellen DolmetscherInnen einfach zu bewundern.

Fazit: Die von außen wahrgenommene Magie bewohnt tatsächlich auch die Kabinen, genauso wie die dunklen und stillen Gänge, die dorthin führen.

Ein herzlicher Dank an alle, die uns auf dieser Reise begleitet und inspiriert haben: Karin Reithofer, Andreea Clodi, Martina Dethlefs, Andrea Huppmann, Melanie Marinescu, Monika Schorr, Sade Viitanen, Kristel Vetemäe, Tatjana Roos, Ute Pauna, Gunn-Britt Liebig, Viviane Ramponi, Stéphane Grosjean, Giancarlo Zucchetto, Monika Platter, Valentina Santoro.

Einen kleinen Einblick in den Besuch gibt auch dieses Video: https://www.instagram.com/reel/DKey2cDNMKw/?igsh=MWpkdzczdGprbHY5eQ%3D%3D

Bericht: Chiara Aprea (Lektorat: Dino Ismailovic)

Begleitung Study Visit: Andreea Clodi

Organisation: Karin Reithofer