Aktivitäten

An der Schnittstelle von Theorie und Praxis: die unterschiedlichsten Fassetten des Unterrichts am ZTW!

Als Beispiele für Aktivitäten im regulären Präsenzunterricht präsentieren wir:

ERFAHRUNGSBERICHTE

Konsekutivdolmetschen I: Bosnisch/Kroatisch/Serbisch (2022S), LV-Leiter Dalibor Mikić. Den Studierenden wurde in dieser Übung translatorisches Handeln für den Bereich des Gerichts- und Behördendolmetschens am Beispiel des österreichischen Strafverfahrens vermittelt.

Im Rahmen der Übung Konsekutivdolmetschen I B/K/S hatten wir die Möglichkeit, einer Gerichtsverhandlung beizuwohnen.

Durch das Studium wurde darauf hingewiesen, dass im gesellschaftlichen Bild zwar Dolmetscher*innen eine eher untergeordnete Rolle im kommunikativen Akt spielen, doch in realen Settings Dolmetscher*innen sehr wohl kommunikative Gestalter*innen sind. Bewahrheitet hat sich genau dies: die Dolmetscher*in war aktive Teilnehmer*in, die auf gleicher Höhe des Richters saß. Sie wandte ein, falls etwas für die jeweiligen Parteien unklar war oder bat den Angeklagten sich zu wiederholen bzw. kurz zu halten. 

Als angehende Dolmetscher*in ist beispielsweise die Angst prävalent, dass man Fachtermini vergessen würde und so den Verlauf oder gar den Ausgang der Gerichtsverhandlung negativ beeinflussen würde. Jedoch lässt sich die Arbeit des*der Dolmetscher*in nicht nur auf das theoretische Wissen zurückführen; vielmehr hat sich während der Gerichtsverhandlung gezeigt, dass auch die soziale Sensibilität wichtig ist, sich beispielsweise zu fragen, ob ich davon ausgehen kann, dass auch alle Beteiligten wissen, was gemeint ist, falls das sprachliche Register eher in der Alltagsprache zu verorten ist oder auch, ob akustisch alles gehört und verstanden wird. In welchem hohen Maß (Selbst-)Reflexion erforderlich ist, hat diese Gerichtsverhandlung noch einmal verdeutlicht. Trotzdem strahlte die Dolmetscherin Gelassenheit aus, was von Selbstsicherheit zeugte und sich auf ihre jahrelange Erfahrung zurückführen lässt.

Bei einer Gerichtsverhandlung dabei sein zu können hat verholfen, ein realistischeres Bild vom Gerichtsdolmetschen zu schaffen und zu zeigen, dass Angemessenheit und Adäquatheit in gewissen Situationen über der „begrifflichen“ Richtigkeit stehen.

 

Konsekutivdolmetschen I: Bosnisch/Kroatisch/Serbisch (2022W), LV-Leiter: Dalibor Mikić. Die Studierenden dolmetschen eine Podiumsdiskussion über die Praxis der Klagefrauen in Serbien und Montenegro.

Das Rahmenprogramm der Lehrveranstaltung bildeten Menschenrechte, zu dem die Studierenden Präsentationen vorbereiteten, wie zum Beispiel zum Thema des jugoslawischen Feminismus oder der Situation der LGBT Community in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Die Lehrveranstaltung schloss mit einer Podiumsdiskussion ab, in welcher die Filmemacherin und Performancekünstlerin Julia Novacek (https://www.julianovacek.com) und die Übersetzerin und Dolmetscherin Jelena Anđelković über Julias momentane Arbeit zu Klagefrauen in Serbien und Montenegro als Ausdruck feministischer Praxis debattierten. Die Studierenden dolmetschten in Teams zu je zwei Personen die deutschsprachigen Redebeiträge der Künstlerin und die serbischsprachigen Redebeiträge der Übersetzerin in die jeweils andere Sprache. Dalibor Mikić übernahm die Rolle des Moderators. Nach der lebhaften Podiumsdiskussion unterhielten sich die Studierenden noch angeregt mit Jelena Anđelković über den Dolmetschberuf, was bei allen einen Motivationsschub auslöste, die eigene Dolmetschleistung weiterhin zu perfektionieren.

Julia Novacek

Lehrveranstaltung: Simultandolmetschen II: Bosnisch/Kroatisch/Serbisch (2022W), LV-Leiterin Dr. Dijana Tockner Glova. Die Studierenden an einer zweitägigen, simultandgedolmetschen Simulation einer UN-Generalversammlung in der Wiener UNO-City am 19. und 20. Januar 2023 teil.

An der BOKU wird im Wintersemester seit einigen Jahren eine Lehrveranstaltung mit der Bezeichnung „Negotiating Change: Simulating an international conference for sustainable development” angeboten. Im Wintersemester 2022/2023 setzten sich die BOKU-Studierenden mit dem Thema „Energy & Justice“ auseinander und vertraten dabei verschiedene Länder oder Regionen in internationalen Verhandlungen. Am 19. und 20. Januar 2023 fand eine zweitätige Konferenz im UN-Hauptquartier in Wien statt, in der die BOKU-Studierenden ihren Resolutionsentwurf verhandelten. Diese Erfahrung ermöglichte ihnen, die Komplexität von Kommunikation und Verhandlung in einer realistischen Situation zu erleben.

Jedes Jahr beteiligen sich auch Mentees des Maria-Verber-Mentoringprogramms von UNIVERSITAS Austria bzw. Jungmitglieder oder Konferenzdolmetschstudierende aus Wien und Graz als Simultandolmetscher:innen an der Simulation der Generalversammlung. So nahmen auch im Januar 2023 die Teilnehmer:innen der Lehrveranstaltung Simultandolmetschen II (Bosnisch, Kroatisch und Serbisch) an der Simulation teil. Trotz Lampenfieber konnten sie erfolgreich ihre im Studium erworbene Konferenzdolmetschkompetenzen unter Beweis stellen und Neues lernen. Hier einige Eindrücke aus den Studierendenberichten:

DER ERSTE TAG „der Model UN 2023 kann am besten mit den Worten “beeindruckend” und “überwältigend” beschrieben werden. Es kamen viele erste Eindrücke gleichzeitig zusammen, die erst einmal verdaut werden mussten. Allein die Gebäude der UNO City waren schon imposant, doch dazu kam noch das erste Kennenlernen der anderen Dolmetscherinnen und die frühe Morgenstunde machte all dies nicht leichter. Der Ausblick von der Kabine aus hinunter in das rege Treiben des Konferenzsaals vor Beginn der Sitzung ließ das Lampenfieber in einem auflodern.

(ZUSAMMEN)ARBEIT IN DER KABINE: „Zusätzlich zu dem Audio-Input durch die Kopfhörer gab es auch einige Textquellen wie die englischsprachige Resolution, ihre [von den Studierenden angefertigte] deutschsprachige Übersetzung, die Live-Bearbeitung der Resolution auf dem einen großen Bildschirm im Saal sowie die Untertitel der Schriftdolmetscher auf dem anderen. Es war für uns ungewohnt, gewisses Vokabular zu verwenden, so mussten einige Phrasen erst eingelernt werden, bevor sie richtig von der Zunge rollen konnten. Nichtsdestotrotz unterstütze man sich ständig, seien es schnell recherchierte Vokabeln, die man hastig für die Dolmetscherin notierte oder aufmunternde Worte, wenn etwas nicht nach Plan lief.

NEUER MODUS: „Diese UN-Simulation zeigte uns einen komplett anderen Modus, mit dem wir anfangs vielleicht Schwierigkeiten hatten, jedoch mit jeder Stunde und Passage vertrauter wurden. Wir denken auch, dass wir das Erlernte aus den Lehrveranstaltungen bei der UN-Simulation gut anwenden konnten.“ oder „Die Konferenz hat mir sehr gefallen, weil ich einen Einblick in die Praxis bekommen habe und erfahren konnte, wie eine richtige Konferenz aussehen würde.“

FEEDBACK: „Die BKS-Gruppe hat das Feedback in den Pausen als sehr hilfreich empfunden und es stellte sich heraus, dass die darauffolgenden Dolmetschungen auch fruchtbringend waren.“ Das Feedback „hat uns sehr geholfen, denn einige Ausdrücke und Floskeln tauchten immer wieder auf, so dass wir die Ratschläge und das neu Gelernte sofort umsetzen und die gleichen Fehler vermeiden konnten.“

Das Dolmetschen im Rahmen von Model UN 2023 war für die Studierenden eine einmalige und besondere Erfahrung, die wir gerne auch im kommenden Wintersemester 2023/2024 wiederholen möchten!